EIN FESTIVAL FÜR ALLE

Unterwegs zu einem diversen, zugänglichen, partnerschaftlichen und nachhaltigen Zürcher Theater Spektakel

 

Einer der Gründungsimpulse des Festivals auf der Landiwiese war schon damals, Kunst für alle zugänglich zu machen – in Abgrenzung zu den als elitär wahrgenommenen Kulturinstitutionen in der Stadt. Viel ist inzwischen passiert. Das Theater Spektakel hat sich weiterentwickelt, die Schweiz ist eine andere geworden, die Bevölkerungszusammensetzung der Stadt Zürich hat sich nachhaltig verändert. Ein zugängliches internationales Festival für Zürich auf der Höhe der Zeit zu sein – nicht nur im Hinblick auf ästhetische, sondern auch auf soziale und politische Entwicklungen im Land und in der Stadt –, erfordert einen fortwährenden Lern- und Entwicklungsprozess. Wir haben uns Ziele gesetzt und überprüfen unseren Weg dorthin in Form von Workshops im Team, Coachings oder Beratungen durch Expert*innen.

Zugehörigkeit – Einen Raum für alle herstellen

Wir betrachten das Zürcher Theater Spektakel als einen gesellschaftlichen Raum, den wir als Gastgebende kooperativ, inklusiv, nachhaltig und partizipativ gestalten möchten.

Wir setzen uns zum Ziel, die Vielfalt unserer Gesellschaft auf allen Ebenen des Festivals – wie etwa Programm, Personal, Publikum – nicht nur abzubilden, sondern Möglichkeiten für Teilhabe, Reflexion und Austausch herzustellen. Künstler*innen, Besucher*innen und Mitarbeiter*innen sollen sich am Festival wohl und willkommen fühlen, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion/ Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung. Das Festival soll ein diskriminierungsfreier Raum sein, und wenn es zu negativen Erfahrungen kommt, bieten wir Anlaufstellen. Gleichzeitig können wir uns glücklich schätzen, denn das Zürcher Theater Spektakel hat eines der neugierigsten und offensten Publika Europas. Die Bereitschaft, sich auf neue Formate und künstlerische Handschriften einzulassen, ist bemerkenswert. Dies wollen wir pflegen und gleichzeitig mit einem ambitionierten Programm die (Stadt-)Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt ansprechen.

Zugänglichkeit – Barrieren abbauen

Um ein «Festival für alle» zu sein, gilt es, Barrieren und Hindernisse unterschiedlichster Art Schritt für Schritt abzubauen.

Wir möchten ausdrücklich auch ein Angebot schaffen für Menschen, die über weniger finanzielle Ressourcen verfügen oder einen anderen kulturellen oder sozialen Erfahrungsrucksack oder andere Fähigkeiten mitbringen als «klassische» Theaterbesucher*innen. Für Menschen mit Behinderungen hat das Theater Spektakel in dieser Hinsicht schon einiges erreicht – sei es durch inhaltliche Zugangshilfen oder durch bauliche Anpassungen auf dem Festivalgelände. Zugänge inhaltlicher Art können auch im Workshop-, Diskurs- und Vermittlungsprogramm bestehen, das wir seit einigen Jahren stetig erweitern. Mit dem Angebot vergünstigter Eintritte bis hin zu den kostenlosen Soli-Tickets möchten wir sicherstellen, dass keine Person aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten vom Besuch des Festivals ausgeschlossen wird. Und wir setzen es uns zum Ziel, in zunehmendem Mass auch Arbeitsort für mehr Menschen unterschiedlichster Herkunft und mit verschiedenen Fähigkeiten zu sein.

Partnerschaften – Netzwerke für Künstler*innen schaffen

Die Anfänge des Zürcher Theater Spektakels als internationales Treffen der freien Tanz- und Theaterszene prägen bis heute das Selbstverständnis des Festivals und damit seinen kulturpolitischen Auftrag innerhalb der Stadt Zürich.

Das Theater Spektakel sollte immer auch eine Plattform sein für junge und «emerging artists», vor allem für Künstler*innen aus dem globalen Süden. Innerhalb einer internationalen Landschaft von Festivals nehmen wir unsere Rolle als unterstützender Partner für Künstler*innen und deren Arbeit wahr – als Koproduzent, durch Begegnungsprogramme für junge Künstler*innen oder über die jährlich verliehenen ZKB Nachwuchs- und Anerkennungspreise. Im Zuge der Corona-Pandemie stehen dabei aktuell die möglichen Folgen für das Kunstschaffen sowie für den professionellen Austausch besonders im Fokus. Auf der Ebene unseres Programms geht es uns nicht zuletzt darum, die Blickrichtung und das Verhältnis zwischen Künstler*in und Zuschauer*in zu thematisieren. Darüber hinaus versuchen wir mit dem Festival einen Beitrag zur Entwicklung der darstellenden Künste zu leisten, indem wir Projekte an Schnittstellen zu anderen Kunstformen und gesellschaftlichen Disziplinen verfolgen.

Nachhaltigkeit – Unseren Fuss­abdruck verringern

Eine nachhaltige Wirkung wünschen wir uns nicht nur für das künstlerische Programm, auch der Festivalbetrieb soll möglichst umweltverträglich und damit nachhaltig sein.

Seit 2008 sind wir kontinuierlich darum bemüht, mit verschiedenen Massnahmen die Ökobilanz des Festivals in den Handlungsfeldern Energie, Abfall, Mobilität und Infrastruktur zu verbessern. Im Wissen darum, dass die grössten Hebel möglicherweise an Stellen liegen, wo man sie erst auf den zweiten oder dritten Blick vermutet, möchten wir uns mittelfristig erneut einer (selbst-)kritischen Überprüfung unterziehen. Einen Überblick der bisher umgesetzten Massnahmen finden Sie hier.

 

In all diesen Feldern geht es darum, alte Sichtweisen zu verlernen und neue Perspektiven zu erlernen. In einigen Feldern sind wir diesem Ziel schon einen Schritt näher als in anderen. Wir sind uns bewusst, dass solche Prozesse Zeit und eine neue Fehler- und Gesprächskultur erfordern, und es bedeutet auch, sich bisweilen angreifbar zu machen. Wir suchen die kritische Begleitung durch Expert*innen sowie fortlaufende Gespräche innerhalb des Teams. Wir danken allen Partner*innen, die uns diese Denk- und Handlungsräume nicht zuletzt auch mit finanziellen Ressourcen ermöglichen, darunter unsere Hauptpartner*innen Zürcher Kantonalbank, Swiss Re (Bereich Nachhaltigkeit), die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia (Bereich Diversität) oder die Stiftung Denk an mich (Bereich Inklusion), sowie den internationalen Festivals, mit denen wir im Austausch stehen.

Die Festivalleitung, Juni 2021