Schlussbericht 2021

Radikal international; wider alle Umstände

Sehr erfreut beschliessen wir das diesjährige Zürcher Theater Spektakel, das sich einmal mehr widrigen Umständen entgegenzustemmen vermochte und eindrucksvoll aufgezeigt hat, wie unverzichtbar Kultur ist. Das Festival bot ein beeindruckend dichtes, internationales Programm mit zehn Premieren, getragen von Kooperationen mit anderen Kulturinstitutionen in Zürich und über die Schweiz hinaus. «Bereits letztes Jahr, aber umso mehr in diesem Sommer: In dieser Zeit des Umbruchs zeigt sich die Kunst besonders kraftvoll, inspirierend und intensiv.» Das schrieb eine begeisterte Festivalbesucherin auf Social Media, nachdem sie sich an der Abendkasse noch ein Ticket für eine der drei ausverkauften Vorstellungen von Marina Oteros Stück «FUCK ME» ergattern konnte. Besser lässt sich das diesjährige Festival nicht zusammenfassen.

Rund 12'800 Tickets haben wir verkauft, was einer Auslastung von 88 Prozent entspricht. Zudem haben rund 6000 Personen eine der zahlreichen kostenlosen Veranstaltungen auf der Landiwiese oder dezentral in der Stadt besucht. Wir freuen uns über den Zuspruch – herzlichen Dank!

Frei zugänglich während des Festivals: Die 14 beschriebenen Monumente auf der Landiwiese | Foto: ZTS/Kira Barlach

Das Programm zeichnete sich indessen durch eine grosse Vielfalt und Internationalität aus. Zu den Highlights im diesjährigen Programm zählten die beiden Produktionen der kolumbianischen Gruppe Mapa TeatroMarion Siéferts Coming-of-Age-Theaterstück «_jeanne_dark_», das auf der Bühne und auf Instagram Live stattgefunden hat, oder die 14 Monumente, die auf Einladung von Vlatka Horvat und Tim Etchells von internationalen Künstler*innen für die Landiwiese imaginiert wurden. Aussergewöhnlich war in diesem Jahr nicht nur die Anzahl Premieren im Programm – es waren deren zehn –, sondern auch die vielen Kooperationen mit Institutionen in der Stadt und darüber hinaus. Erneut ein grosser Erfolg waren die Strassenkunst-Veranstaltungen in den Zürcher Quartieren im Rahmen von DeZentral – insbesondere die Show auf dem Röntgenplatz entpuppte sich als stimmungsvolles und attraktives Angebot, das bis auf die Balkone der Nachbar*innenschaft Begeisterung entfachte.

Die Corona-Pandemie war in Bezug auf Reiseplanung der am Festival auftretenden Gruppen eine Herausforderung. Umso mehr erfreut uns der Fakt, dass ein Grossteil der Produktionen wie geplant realisiert werden konnte und Künstler*innen aus allen Teilen der Welt einmal mehr am Theater Spektakel auftreten konnten. Das Festival zeigte sich mit Vorträgen und Workshops erneut auch als Ort, wo über die drängenden Themen der darstellenden Künste und über die Herausforderungen unserer Zeit generell nachgedacht und diskutiert wird.  

Die Rückkehr des gastronomischen Angebots auf der Landiwiese trug wesentlich zum stimmungsvollen Festival bei. Den Umständen Rechnung tragend, war das kulinarische Angebot zwar in diesem Jahr weniger umfangreich als in der Vergangenheit. Die Betriebe vor Ort – Mama Put, Le 2 Cucine, Le Cochon Vert und Cantina – waren jedoch an schönen Tagen sehr gut besucht. Die Zahl der Besucher*innen auf der Landiwiese lag dieses Jahr etwa bei einem Viertel bis zu einem Drittel derer des Rekordjahrs 2019. Dieser Effekt war beabsichtigt und wird als Erfolg verbucht. Das Ziel, Menschenansammlungen zu vermeiden und dennoch ein stimmiges Erlebnis auf der Wiese zu schaffen, konnte erreicht werden.

An schönen Tagen rege besucht: Das neue Restaurant Le 2 Cucine| Foto: ZTS/Kira Barlach

Zum Abschluss des Festivals wurden am vergangenen Samstag die ZKB Preise verliehen, mit denen die Zürcher Kantonalbank als Hauptpartnerin am Festival auftretende Künstler*innen seit über zwanzig Jahren auszeichnet. Den mit CHF 30'000 dotierten ZKB Förderpreis erhielt Mallika Taneja für das Stück «Allegedly». Die Jury begründete ihren Entscheid insbesondere mit dem beispielhaften und kraftvollen Einsatz des Mediums dieser digitalen Produktion. Sie zeigte sich beeindruckt vom künstlerischen Einfallsreichtum, der dialogischen Erzählweise und dem nuancierten Text, der eine Vielzahl starker Stimmen vereint. «Allegedly» sei formal und inhaltlich bemerkenswert und biete der Welt einen wichtigen Beitrag über Mut und Solidarität an, indem sie Worte, die Vergewaltigung und sexuelle Belästigung in unseren Gesellschaften umgeben, in schmerzhaften Details untersuche und studiere. 

Nahm den ZKB Förderpreis digital entgegen: Die diesjährige Gewinner Mallika Taneja| Foto: ZTS/Christian Altorfer

Den mit CHF 5000 dotierten Anerkennungspreis verlieh die Jury an Edna Jaime. «O Bom Combate (The Good Fight)», so die Jury, stelle die Fähigkeiten der Künstlerin unter Beweis, trotz prekärer Umstände, die auch Thema des Stücks seien, wirkungsstarke Werke zu schaffen. Das Festivalpublikum wiederum war von mehreren Produktionen begeistert. So teilen sich in diesem Jahr zwei Gruppen den ZKB Publikumspreis: das Ensemble Tschuku Tschuku um Performer Nashilongweshipwe Mushaandja aus Namibia sowie die argentinische Choreografin Marina Otero für das eingangs erwähnte Stück «FUCK ME». Apropos Preise: Martin Zimmermann, der mit «Danse Macabre» das diesjährige Festival miteröffnete, wurde Anfang dieser Woche vom Bundesamt für Kultur mit dem Schweizer Grand Prix Darstellende Künste / Hans-Reinhard-Ring 2021 ausgezeichnet. Herzliche Gratulation allen Preisträger*innen. 

Überzeugte das Publikum auf der Bühne am Ufer: Tschuku Tschuku| Foto: ZTS/Kira Barlach

Das Corona-Schutzkonzept hat für das Festival sehr gut funktioniert. Die Kombination von kostenfreier Testmöglichkeit vor Ort und Einsatz des Covid-Zertifikats hat sich bewährt und stiess auf Akzeptanz. Auch das Handling am Einlass hat sich von Abend zu Abend immer besser eingespielt. Der Entscheid, angesichts der zunehmenden Infektionsdynamik auch bei Veranstaltungen mit Covid-Zertifikat die Maskenpflicht einzuführen, wurde vom Publikum mitgetragen. Medienberichten zufolge werden in der kommenden Saison alle grossen Theaterhäuser in Zürich diese Praxis weiterverfolgen und zusätzlich zum Covid-Zertifikat die Maskenpflicht im Publikum aufrechterhalten. 

Nach Marina Oteros Auftritt im Nord: Standing Ovations mit Maske | Foto: ZTS/Kira Barlach

Ein Festival dieser Grösse und Internationalität unter den Umständen der Pandemie zu realisieren, war eine ausserordentliche Kraftanstrengung. Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiter*innen und Künstler*innen, die mit grossem Einsatz zum Gelingen dieser unverzichtbaren Veranstaltung beigetragen haben. Ebenfalls bedanken wir uns bei Ihnen, liebes Publikum, für Ihre anhaltende Treue.

Nächstes Jahr findet das Theater Spektakel vom 18. August bis 4. September statt. Wir freuen uns, Sie dann wieder auf der Landiwiese zu sehen.
 
Die Festivalleitung
Matthias von Hartz, Sarah Wendle, Veit Kälin